Kino




Charms Zwischenfälle

Trailer & Credits

 

Credits

Regie: Michael Kreihsl
Drehbuch: Michael Kreihsl
Nach einer Vorlage von Daniil Charms
Kamera: Oliver Bokelberg
Schnitt: Andrea Wagner, Michael Kreihsl
Ton: Heinz Ebner
Ausstattung: Renate Martin, Andreas Donhauser
Kostüme: Sabine Volz, Mona Quintus

Darsteller: Johannes Silberschneider, Wolfgang Hübsch, Ela Piplits, Elzbieta Czyzewska, Ulrich Tukur, Roswitha Soukup, Justus Neumann, Karl Ferdinand Kratzl, Johann Adam Oest, Barbara de Koy, Michael Haneke, Markus Hering
 
Erstaufführungsjahr: 1996
Originalsprache: Deutsch
Spieldauer: 88 min
Super 16 mm (Blow-Up auf 35 mm), Farbe
 
Aufnahmeleitung: Gebhard Zupan
Produktionskoordination: Ulrike Lässer
Produzent: Veit Heiduschka
produziert von: Wega Filmproduktion
 

Preise

Berlin International Film Festival 1996
Caligari Film Award  Michael Kreihsl

Karlovy Vary International Film Festival 1996
Nominated Crystal Globe Michael Kreihsl
 

DVD in der STANDARD EDITION "Der österr.Film #65"
DVD bei hoanzl
 

mehr Infos auf imdb
 
* Erstaufführung: Berlinale, Forum des jungen Films

 

Auswahl Presse Zitate

Eine sehr intensive aber lustige Interpretation der Gedichte und Geschichten des vergessen Russischen Autors Daniil Charms. Michael Kreihsl hat die verschiedenen Sentenzen zu einer Geschichte eines armen Poeten, der verschiedene bizarre Abenteuer erlebt, zusammengesetzt. Er verliebt sich in eine Frau, die sowohl ihren Körperumfang wie ihre Zuneigung ständig ändert, schließlich wird der Dichter auf eine sehr Kafkaeske Art und Weise von der Polizei abgeholt.
(VARIETY March 4-10/96)

Eine Mischung aus Chaplin-esken Gags, bös-zynischem Wiener Humor und bittere Satire auf Charms Erfahrungen mit der Stalin-Diktatur.
(SKIP Kinomagazin 3/96)

Ein Mann im Aquaplaning zwischen Pop und Hochkultur. Kulturelle Schleudergefahr. Nach den surrealen Texten des Russen Daniil Charms konstruiert Kreihsl eine kleine Komödie, in der Eigenartiges geschieht. Ein mitteloser Poet (Johannes Silberschneider) wird in seiner Wohnung von zwei heiligen Königen gestellt und verhaftet. Eine Rückblende scheint zu erklären, wie alles gekommen ist (erklärt aber absolut nichts): der junge Mann lebt in Armut, wie der winzige Wurtsrest im Kühlschrank signalisiert, draußen anonyme Grauzone. Beim Anstellen um Brot lernt er eine Frau (Ela Piplits) kennen, die er auf einen Salat zu sich einlädt, wo sie unter anderem so tut, als transportiere sie stets ein Hämmerchen im Mund. Die absurd-frivole Nachbarin (Elzbieta Czyzewska) preist dem angeödeten Helden zweimal, in polnischem Stolperdeutsch, ihre schönen langen Strümpfe. Wie bei Laurel und Hardy gehorchen die Objekte in CHARMS ZWISCHENFÄLLE den Gesetzen der Welt nicht mehr : zündet man den Herd an einer Stelle, fängt eine andere Feuer. Aus der Unlogik macht Kreihsl eine Tugend- und praktiziert den Irrsinn mit Konsequenz. Wolfgang Hübsch und Ulrich Tukur, erstklassige Stichwortgeber, beteiligen sich mit Verve am Sprach und Bedeutungswirbel. CHARMS ZWISCHENFÄLLE, könnte man sagen, erzählt (im Sinne Bunuels fast) von der Unmöglichkeit zu kommunizieren und vom totalen Nonsens des Utopien-Aufbaus : Menschen in der Krise, die von oben solange Druck ertragen, bis ihre Kunst erstickt. Darin wird Daniil Charms dann selbst sichtbar, der 1942 verarmt, verbannt, diffamiert und verboten in einer Gefängniszelle starb. Kreihsl ehrt diesen Mann mit einer beklemmend heiteren Hymne an die freie Assoziation, die soviel an österreichischen Absonderlichkeiten feilbietet, daß sie bei der Berlinale 96 für volle Säle, Heiterkeit und einen Preis sorgte.
(DIE PRESSE 22.3.96)

Ein Überzeugungstäter des heimischen Kinos : Michael Kreihsls neue Filmkomödie "Charms Zwischenfälle" könnte nicht nur bei "Haffmans"_Lesern Kultstatus erlangen. Mit wenig Budget und tödlichem Ernst und großartigen Darstellern in das tragikkomische Universum eines Daniil Charms.
(Der Standard 23.3.96)

Ein Zimmer mit Aussicht auf einen Mietskasernenhof.Daniil Charms schreibt, kritzelt, träumt. Beim Anstellen ums Brot lernt er eine junge Frau kennen. Was dann folgt, ist ein absurdes Wetterleuchten, Szenen, Begegnungen, die in ihrer skurrilität an Fellinischen Wahnwitz erinnern, die einen staunen und noch mehr rätseln lassen, bis zum bitteren Ende.
(Neue Kronenzeitung 22.3.96 )

Eine unglücksrabenschwarze Komödie.Absurditätlichkeiten, schnurrig und obskur inszeniert, mit oft schlichter Symbolik. Ein Türknopf funktioniert als Wasserhahn, ein Hut brennt, zum verunglückten Rendezvous treten fiedelnde Musiker aus einem Kasten. Hände werden zu Messer und Gabel, die Wurst und Käse aufspießen. Poetisch gesehen ein Zweizeiler, zur Ballade gewortet,. Filmisch betrachtet, die ganz andere Löwingerbühne, aber mit viel besseren Schauspielern.
(KURIER 22.3.96)

Der Film erzählt weniger eine Geschichte, als daß er Zwischenfälle aneinanderreiht : kleine und größere Episoden. Begegnungen und Nonsens-Dialoge. Wundersame Dinge geschehen: manchmal machen sie Juvacev (Johannes Silberschneider) staunen - etwa wenn seine Mütze ihm ohne ersichtlichen Grund vom Kopf fällt und sogleich verbrennt oder wenn Leute kleine Hämmerchen aus ihren Mündern holen - manchmal nicht. Wollte man Vergleiche für die Ereignismuster und Stimmungslage des Films finden, könnte man Kafka bemühen, aber auch den späten Bunuel, die Monty Pythons (warum nicht?) und Polanski. Seine Stärken entfaltet CHARMS ZWISCHENFÄLLE im hartnäckigen Ausspielen seiner eigengesetzlichen Sketches, wobei vor allem Wolfgang Hübsch brilliert, man fühlt sich gepackt von einer Aura des Surrealen und Absurden und man muß auch ganz viel lachen.
(FALTER 3/96)

Surreal und Kafkaesk mutet die Welt an, mit der uns der, bei der Berlinale 96 preisgekrönte, Film konfrontiert. Ein Dichter lebt in seiner kargen Bleibe in einer Stadt, die Wien heißen könnte oder Prag oder Petersburg, in einer unbestimmten Zeit. Bis er von zwei Männern abgeholt wird und verschwindet. In der Zwischenzeit passiert viel Merkwürdiges. Hände werden zu Messer und Gabel, ein Mann steckt sich Butter in den Mund und geht sie verkaufen, eine Mütze wird vom Kopf geweht und verbrennt. Alle rationalen Zusammenhänge sind aufgelöst. Traum und Wirklichkeit schieben sich ständig ineinander. Das Unbegreifliche erscheint alltäglich, und das Alltägliche selbst ist hintergründig. Der Österreicher Michael Kreihsl entwickelt seine Bildsprache in Anlehnung an die Arbeiten des russischen Schriftstellers Daniil Charms und schuf einen Film, der das Thema des Verschwindens in einer poetischen verdichteten Atmosphäre visualisiert.
(NEUE ZEIT Graz 3/96)

Der Schriftsteller Juvacev (Johannes Silberschneider) hat kaum mehr Geld. Er bekommt Besuch. Er schüttet ihm heißes Wasser ins Gesicht und wirft ihn hinaus. Aus dem Schrank kommen zwei Musikanten, zwei der heiligen drei Könige durchsuchen sein Zimmer, und die Leute ziehen kleine Holzhämmerchen aus ihren Mündern. Bildpoetisch wird eine surreale und tiefgründige Welt geschaffen, die so herrlich absurd ist, daß hinter jeder Szene ein Sketch und ein Lacher hängen. Ziemlich wild und abgedreht, aber absolut sehenswert.
(OXMOX Hamburg 11/96)

Ginge es nicht um Charms, wäre die Geschichte des poetischen Hungerleiders Juvacev, der seine Gedichte an die Wand schreibt und die bizarren Warnungen der Geheimpolizei in den Wind schreibt, rasch erzählt : der weltfremde Dichter verliebt sich ein ein Mädchen aus dem Volk, das kaum weniger arm ist als er selbst, er findet Schnecken im Salat, wenn er sie in seinen vier Pappmachéwänden bekochen will und wird von einem im Geiste amoklaufenden Nachbarn um sein Rendezvous gebracht. Er hat vor Hunger und ungestillter Sehnsucht Visionen, in denen sich seine Hände in Messer und Gabel verwandeln oder die geliebte Maria ihm in einer Suppenküche als Braut entgegentritt. Die Pannen und Pleiten gehören zur Normalität des Dichters. Nicht seine Wahrnehmung ist ver-rückt, sondern die Welt, die ihn bedrängt und ihren Willen zur Norm erhebt. Daß die Obsession der Hausbewohner, die einen im Flur kampierenden Penner aus Gründen der Hygiene und des Anstands mit Benzin übergießen, tatsächlich so absurd sind als seien sie den Filmen des tschechischen Surrealisten Jan Swankmeijer entflohen, gibt dem Betrachter reichlich zu lachen, ändert aber nichts an dem bedrohlichen Diktat des zur Methode erhobenen Wahnsinns. Die ältliche Nymphomanin, die Ärztin, die den Mann der Nymphomanin mit der "Untersuchungspille" vergiftet, die Polizeispitzel, die sich zur Hausdurchsuchung beim Dichter als Heilige Zwei Könige verkleiden und ihre Drohungen singend hervorbringen, sie alle repräsentieren ein konformistische Un-Ordnung, die den sie ordentlich durchschauenden Dichter zum Außenseiter stempelt.
(STRANDGUT Berlin 2/96)

Die surrealistischen Sketche des russischen Schriftstellers Daniil Charms hat sich der österreichische Filmemacher Michael Kreihsl zum Stoff für sein Kinodebüt gewählt. Charms -vom Pech verfolgt- stolpert durch diverse absurd-komische Situationen. Skurrile Tragikomödie. Filmische Annäherung an Daniil Charms literarischen Dadaismus. Daniil Charms ist eine literarische Legende, sein Leben war so traurig, absurd und fremd wie sein Werk : der gebürtige Petersburger schrieb in den 2oer und 3oer Jahren künstlerisch revolutionäre Prosa, die weder in seiner heimatlichen Sowjetunion noch sonstwo veröffentlich wurde, sowie Kinderbücher, von deren Honorar er sich nicht ernähren konnte. 1942 starb er, als politisch Verdächtiger grundlos verhaftet, 37jährig in seiner Zelle. Man sagt er sei dort verhungert. Man sagt er sei dort vergessen worden. Michael Kreihsl hat aus seinen grausam komischen, manchmal kafkaesken Texten einen Film gemacht.CHARMS ZWISCHENFÄLLE ist weder eine reine Bebilderung der Texte noch eine biographische Erzählung, sondern eine Symbiose aus beidem. Motive aus Charms´ Prosa werden aufgegriffen: mal verfilmt, mal nur erzählt (am schönsten von Ulrich Tukur). Und immer wieder taucht in dieser kargen, aber auch phantastischen Welt, die irgendwo zwischen dem Wien der 3oer Jahren und Peter Pans Neverneverland liegt, der Schriftsteller Juvacev auf, dessen Irren durch eine rätselhafte Zeit Charms´Leben nicht unähnlich ist. Auch er wird schließlich abgeführt. Und wie bei Charms ist das schrecklich komisch.
(CINEMA 10/96)